Birgit sitzt an ihrem Schreibtisch. Sie arbeitet in der Kirchengemeinde und
soll am Abend im Gesprächskreis zum Thema Freude einführen. Als Bibelwort hatte
sie sich ausgewählt: „Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe,
ich komme und will bei dir wohnen, spricht der Herr.“ (Sacharja 2,14).
Eigentlich schön, denkt sie sich, die Vorstellung, dass Gott kommt, nicht
nur mal vorbeischaut, sondern Wohnung nehmen will, bleiben will und dass dies
Freude bereitet. Doch so recht mag ihr nichts einfallen. Was ihr auch in den
Sinn kommt, sie findet es fade.
Neben ihr liegt ihr Hund, ganz entspannt, den Kopf auf die ausgestreckten Vorderpfoten gelegt, ab und an blinzelnd. „Du hast es gut“, denkt sich Birgit und sieht ihn an. „Du musst nicht denken, nicht sinnieren, dir nichts einfallen lassen, lebst einfach so.“ Doch bei ihr muss es jetzt vorangehen. Also schlägt sie dieses Buch auf, liest in jenem Band, durchforstet ihre Zitatensammlung, googelt, um sich inspirieren zu lassen. Nach geraumer Zeit nimmt sie wahr, dass etwas anders ist als noch zuvor. Und in der Tat. Ihr Hund liegt nicht mehr ruhig neben ihr, sondern steht am Fenster. Die Vorderpfoten auf dem Fensterbrett schaut er schwanzwedelnd ganz aufgeregt nach draußen. „Was hast du denn? Gib Ruhe, ich muss arbeiten!“ Doch der Hund denkt gar nicht daran, Ruhe zu geben. Im Gegenteil, jetzt springt er noch hoch, als ob er aus dem Fenster wollte. Da sieht Birgit nach draußen. „Ach nee! Auch das noch!“ Draußen hat es begonnen zu schneien. Der Hund ist ganz außer sich. Er springt vom Fenster zu Birgit und zurück, dreht sich um sich selbst und beginnt zu bellen. „Na, was soll’s“, sagt Birgit. „Komm, wir drehen eine Runde.“
Draußen im Park tollt der Hund ausgelassen herum, schnappt nach den Schneeflocken, wirft sich in die dünne Schicht Neuschnee und wälzt sich vergnüglich darin herum. In seinem Fell verfangen sich einige Schneeflocken. Übermütig läuft er auf Birgit zu und stupst sie auffordernd an. Birgit formt einen kleinen Schneeball und wirft ihn und der Hund stobt hinterher. „Was für eine Freude“, denkt Birgit bei sich, „wie sich ein Tier so freuen kann?“ Doch nicht nur der Hund freut sich, auch sie selbst muss über die Ausgelassenheit und die Freude ihres Hundes schmunzeln und hat ihre Freude daran.
Claudia Steuerer-Wünsche
Birgit sitzt an ihrem Schreibtisch. Sie arbeitet in der Kirchengemeinde und soll am Abend im Gesprächskreis zum Thema Freude einführen. Als Bibelwort hatte sie sich ausgewählt: „Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der Herr.“ (Sacharja 2,14).
Eigentlich schön, denkt sie sich, die Vorstellung, dass Gott kommt, nicht nur mal vorbeischaut, sondern Wohnung nehmen will, bleiben will und dass dies Freude bereitet. Doch so recht mag ihr nichts einfallen. Was ihr auch in den Sinn kommt, sie findet es fade.
Neben ihr liegt ihr Hund, ganz entspannt, den Kopf auf die ausgestreckten Vorderpfoten gelegt, ab und an blinzelnd. „Du hast es gut“, denkt sich Birgit und sieht ihn an. „Du musst nicht denken, nicht sinnieren, dir nichts einfallen lassen, lebst einfach so.“ Doch bei ihr muss es jetzt vorangehen. Also schlägt sie dieses Buch auf, liest in jenem Band, durchforstet ihre Zitatensammlung, googelt, um sich inspirieren zu lassen. Nach geraumer Zeit nimmt sie wahr, dass etwas anders ist als noch zuvor. Und in der Tat. Ihr Hund liegt nicht mehr ruhig neben ihr, sondern steht am Fenster. Die Vorderpfoten auf dem Fensterbrett schaut er schwanzwedelnd ganz aufgeregt nach draußen. „Was hast du denn? Gib Ruhe, ich muss arbeiten!“ Doch der Hund denkt gar nicht daran, Ruhe zu geben. Im Gegenteil, jetzt springt er noch hoch, als ob er aus dem Fenster wollte. Da sieht Birgit nach draußen. „Ach nee! Auch das noch!“ Draußen hat es begonnen zu schneien. Der Hund ist ganz außer sich. Er springt vom Fenster zu Birgit und zurück, dreht sich um sich selbst und beginnt zu bellen. „Na, was soll’s“, sagt Birgit. „Komm, wir drehen eine Runde.“
Draußen im Park tollt der Hund ausgelassen herum, schnappt nach den Schneeflocken, wirft sich in die dünne Schicht Neuschnee und wälzt sich vergnüglich darin herum. In seinem Fell verfangen sich einige Schneeflocken. Übermütig läuft er auf Birgit zu und stupst sie auffordernd an. Birgit formt einen kleinen Schneeball und wirft ihn und der Hund stobt hinterher. „Was für eine Freude“, denkt Birgit bei sich, „wie sich ein Tier so freuen kann?“ Doch nicht nur der Hund freut sich, auch sie selbst muss über die Ausgelassenheit und die Freude ihres Hundes schmunzeln und hat ihre Freude daran.
Claudia Steuerer-Wünsche