Glauben

Gut behütet

Drohend zeigt der Hund seine kräftigen, spitzen Zähne, er knurrt und bellt. Ich bleibe doch lieber im Auto sitzen. Es ist schon später Nachmittag, ein wunderschöner Tag im August, irgendwo in der Toskana. Die Straße windet sich in Serpentinen den Hügel hinab.

Eine große Schafherde bewegt sich auf dem Wiesenhang Richtung Tal. Ich habe angehalten. Der Schäferhund steht mitten auf der Straße vor mir. Ein zweiter hat sich in die andere Fahrtrichtung aufgebaut. Weitere Hunde treiben jetzt die Herde über die Fahrbahn. Als das letzte Schaf den Asphalt verlassen hat, räumen beide Hunde das Feld. Ich kann weiterfahren, doch nach der nächsten Spitzkehre wiederholt sich das Spiel von neuem: Anhalten – Straßensperrung – Überquerung – Weiterfahrt. Ich bin tief beeindruckt.

Der letzte Anblick einer ziehenden Schafherde ist als blasse Erinnerung irgendwo in meinem Kindheitsgedächtnis vergraben. Unaufgeregt aber zügig ist diese Herde unterwegs. Sie hat ein Ziel und ist ganz offensichtlich gut behütet.

„Ich bin der gute Hirte“, hatte Jesus von sich gesagt. Ich habe mir aber immer nur ungern vorgestellt, dass ich dann das Schaf wäre. Ich will doch nicht ein ununterscheidbares, verwechselbares Wesen in einer Herde sein. Ich bin doch nicht belämmert. Doch nachdem sich das letzte Mal an jenem Nachmittag der Weg der Herde und der meine gekreuzt hatten und ich wieder freie Fahrt hatte, gingen mir die Bilder nicht mehr aus dem Kopf.

Diese Hunde waren umsichtig, energisch und kannten das Ziel. Gut behütet war diese Herde. Sich behütet zu wissen, das ist ein gutes Gefühl – nicht nur für Schafe.

Ich kann und darf mir in meinem Leben viele Ziele setzen. Aber das eine und entscheidende Ziel, kennt ein anderer. Wohl darum kann im 23. Psalm ein Beter sagen: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ So etwas sagen zu können, das ist in meinen Augen Lebensglück – und vor allem Glaubensglück. Liebe Schwestern und Brüder, seien Sie behütet!

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